Mittwoch, 10. Oktober 2018

Figueira - Pedra do Ouro 69 km

Mittwoch, 10. Oktober 2018/ Tag 73/ Ankunft 15.15 Uhr/ 🏠


Frühstück im „Charming House“

Als ich nach dem Frühstück zum Aufpacken vor die Tür trat, dachte ich: oh,oh,oh!
Gestern noch so ein laues, angenehmes Lüftchen und heute morgen richtiger Wind; und zudem ein Tag früher als angekündigt aus Süd. Das kann ja was werden auf der Brücke!
Die Sonne steht so tief, dass ich die Sonnenbrille aufsetzen muss, um nicht so geblendet zu werden. Das hat zur Folge, dass ich das Display meines Garmins nicht so gut ablesen kann. Und so verpasse ich zweimal die richtige Straße zur Brückenauffahrt. 
Dann endlich auf der richtigen, realisiere ich nicht, dass vor der Brücke quasi noch ein Schnellstraßenkreuz ist. Ich verpasse den Rechtsabbieger um ein paar Meter und muss - mitten in der Rushhour - vorsichtig zurückschieben, eine Lücke abpassen und dann ganz schnell rüber auf den Abbieger. 
Das nächste Problem: es gibt jenseits der Leitplanke einen Fuß- bzw Radweg. Da habe ich den Anfang verpasst. Meine Hoffnung auf eine Öffnung in der Leitplanke erfüllt sich nicht. Also mitten im schnellen Verkehr - eng an die Leitplanke gepresst -  abgepackt, Gepäck rübergehoben, und dann das Fahrrad rübergehoben ... und dann ich. Puh! Safe!
Das nächste Problem: der starke Wind und die Lastwagen, die in Autobahntempo vorbeirasen und  zusätzliche Starkböen kreieren.
Ich beschließe, nicht den Helden zu spielen, sondern über die Brücke zu schieben.
Ein weiser Entschluss: schon beim Schieben muss man dem Luftdruck der Lastwagen gut gegenhalten.
Es ist wirklich ein unendlicher Strom an Fahrzeugen heute morgen; aber diese Brücke ist auf lange Distanz die einzige Verbindungsmöglichkeit zwischen Nord und Süd. Dazu kommt noch der infernalische Lärm, den die Lastwagen machen: das setzt Adrenalin frei!
Am Schlimmsten sind die Kieslaster und die Holztransporter. Wenn ich sehe, wie selbige bei einer Bodenwelle nachfedern, kommen mir Zweifel am korrekten Zustand der Stoßdämpfer.....

Nach der Brücke habe ich eine kurze Erholungsphase beim Durchfahren eines Wohngebiets; aber bald muss ich auf die Nationalstraße zurück, die hier Gottseidank einen Seitenstreifen in Fahrradwegbreite hat.
Die Taktung der Fahrzeuge ist jetzt geringer, da hier jetzt nur noch der Fernverkehr braust. Aber die Strecke ist schnurgerade und das Tempo der Fahrzeuge hoch...
Endlich... bei tkm 20 kann ich abbiegen.

Später bin ich dann auf der Estrada Atlantica, die immer von einem Radweg begleitet wird, der mich bis zum heutigen Ziel bringt und auch morgen noch eine Weile leiten wird.
Die Dünen sind hier bis zu 140 Meter hoch....


hier kann ich abbiegen nach Pedrogao




Mittagessen in Pedrogao bei tkm 40

Das Mittagessen ist nach meinen Wünschen: Muscheln und Oktopus.
Muscheln essen ist eine filigrane Angelegenheit: das dauert! Ungerührt stellt die Bedienung den Hauptgang auf den Tisch, obwohl ich noch mit den Muscheln operiere. Da kann der Hauptgang ja schon mal runterkühlen......Es gibt Gemüse dazu; ich bin ja schon froh, wenn es mal Gemüse gibt; aber das ist so schmucklos, so jenseits einer Komposition....




man beachte die Schneise: von hier geht es jetzt 15 km ausschließlich schnurgeradeaus......

Auf der Hälfte der Schneise werde ich von Helge eingeholt und wir kommen ins Gespräch: er wohnt im gleichen Stadtteil wie ich und ist Lehrer am Wilhelmgymnasium. Wir quatschen, bis wir in San Pedro angekommen sind, was die lange Gerade schnell vergehen läßt. Er hat wenig Gepäck und ist bestimmt 30 Jahre jünger: bei den Steigungen zum Schluss merke ich das. Ich werde bei der Unterhaltung etwas kurzatmig.....☹️ 
In San Pedro verabschieden wir uns: er will noch ins Surferparadies Nazare.




Und ich will in Sao Pedro noch einen Galao trinken, weil Martin mir dieses an diesem schönen Ort so ans Herz gelegt hat. Aber Sao Pedro ist schon im Winterschlaf: da ist nichts mehr offen....
5 km später bin ich an meinem Zielort.

Heute ein Ferienhotel der besseren Sorte: nicht so riesig, wertige Einrichtung, ein kleiner Pool, eine Terrasse zum Meer (im Moment geschlossen), ein tätowierter Rezeptionist, der nach einer Weile richtig nett wird...
Hier kann man sich wohl fühlen



Blick aus dem Frühstücksraum.....

Ich komme noch ins Gespräch über die Waldbrände im letzten Jahr:
Er vermutet kommerzielle Interessen der Brandleger:
Das Holz ist nur außen schwarz, die Substanz ist wertvoll wie immer. Jetzt - nach dem Brand - muss viel Holz gerodet werden und wird wegen des Überangebots billig verkauft an die Holzhändler. Die lagern das und in ein paar Jahren können die es mit einer wesentlich größeren Marge verkaufen.....







hier ist schon gerodet worden für Neupflanzungen...

Ein riesiges Gebiet ist den Waldbränden zum Opfer gefallen; mal ganz grob geschätzt: 40 x 6 km.




so sieht hier die Steilküste aus....

2 Kommentare:

  1. Moin moin Herbert,
    ich kann mir gut vorstellen, wie Dir zumute war, als Du auf der Brücke über den Mondego musstest. Ich verabscheue schon Überfahrten auf BAB-Brücken. Dieser Lärm.... einfach furchtbar. Das absolute Horrorszenario sind Brücken, auf denen starker Lkw-Verkehr 2 Meter parallel zum Radweg vorbei dröhnt. Und das bei Wind und vielleicht noch ohne Leitplanke dazwischen, für mich ist das garnix, obwohl ich sonst nicht ängstlich bin. Hoffentlich war das dein letztes unangenehmes Abenteuer auf Deiner Reise nach Lissabon.
    LG aus HL
    Ingo

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  2. Go Herbert. Thank you so much for sharing these stories of your journey, it is trully inspiring. Cheers.
    Joao

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