Dienstag, 28. Februar 2012

von Harwich nach Kilkenny


Reisetagebuch / Sommer 2010/ Video dazu auf der Videoseite!
Neu 2013: jetzt mit link zum Track!


von Harwich nach Kilkenny
 Auf den Radwegen des britischen
National Cycle Network von Ost nach West
und weiter nach Irland



 

Eigentlich sollte es ja eine Vater-Sohn-Reise werden. Und zwar dahin, wo der Sohn seinen Zivildienst antreten wollte. Aber verschiedene Notwendigkeiten ließen eine gemeinsame Reise nicht zu. Warum dann nicht die Reise allein machen und einen Antrittsbesuch beim Sohn machen? Und dabei ein weiteres Mal die wunderbaren Fernradwanderwege in England testen? Ein bisschen in englisches Leben eintauchen?
So kam der Plan meiner Sommerreise zustande. Für die Anreise hatte ich eine Kabine auf der Fähre Esbjerg – Harwich gebucht und den Rückflug von Dublin mit dem Flieger hatte ich natürlich auch vorgebucht, weil ja auch mein Fahrrad angemeldet werden musste. So war An- und Abreise festgelegt und dazwischen waren 3 Wochen Freiheit. Wohl wissend, dass auf einer Reise quer durchs Land die Zeltplätze rar sind, habe ich mir dennoch ein neues Ein-Mann-Zelt gekauft von 1,6kg, dazu ein Schlafsack von 1kg und ein bisschen Zubehör: Fertig war mein „emergency kit“ von 3,2 kg. An der walisischen Küste hoffte ich Zeltwetter zu finden.
Die Reise gliedert sich in 4 Abschnitte:
1.    Die Nordwestumfahrung Londons
2.    Entlang des Kennet-and-Avon-Canal bis Bristol
3.    Der Celtic-Trail (South) durch Wales
4.    von Irlands Küste bis zum Ziel Callan bei Kilkenny
Die Route bis Pembroke ließ sich mit Hilfe der Internetseite www.sustrans.org.uk aussuchen, die online ein wunderbares Kartensystem hat. Dazu kamen noch reichlich 1:50.000 Karten von Ordonance Survey - meiner Erfahrung nach die besten Karten der Welt. So eine Karte ist zwar schnell durchfahren, aber die Orientierung darauf ist wunderbar und die Radrouten sind eingetragen. Man kann sogar die Ortsdurchfahrten darauf erkennen, falls man mal die Markierung verloren hat.
Und so stieg ich am Donnerstag, den 19. August 2010, in den Zug Richtung Dänemark......




Do, 19. August.
Bahnanreise Hamburg -Esbjerg

Der Zug Niebüll-Tönder


Die Anreise ist einfach, wenn man Geduld mitbringt. In Altona in die NOB nach Niebüll, dort umsteigen in einen alten Triebwagen  über die schöne, reaktivierte Strecke nach Tondern, und dann auf den Zug nach Esbjerg warten. 
(Aktualisierung 2016: von Niebüll fahren jetzt die meisten Züge nach Esbjerg durch!)
Und in Esbjerg ist ja Endstation. Zum Hafen geht es abwärts: also ganz leicht zu finden. Bis zum Einchecken habe ich noch reichlich Zeit und ich fahre und schiebe in die Fußgängerzone der Innenstadt, um ein Cafe zu finden: gar nicht so einfach! Die Dänen scheinen nicht so großen Wert darauf zu legen wie wir, sich im Cafe niederzulassen.
Später – im Hafen – treffe ich dann mehr Radfahrer: Engländer auf dem Heimweg, australische Weltenbummler, mit denen ich Erfahrungen austausche.






die Nordspitze der Insel Fanö 

Um 18 Uhr bin ich an Bord und beziehe meine Kabine. Man kann auf dieser Fähre keinen Decksplatz oder Schlafsessel buchen. Für mich allein ist dann diese 2erKabine ganz schön teuer, aber komfortabel.
Ich schaue mir die Ausfahrt aus dem Hafen von draußen an  und mache natürlich Fotos.
So eine Schiffsfahrt hat – zumindest zu Beginn –  etwas Zauberhaftes.  Später - als es dunkel und kalt ist - gebe ich dann noch viel Geld für Essen und Wein aus: billig ist dieser Tag nicht.


1. Die Nordwestumfahrung Londons


Fr, 20 August.
(Bahnreise Harwich-Chelmsford)
Chelmsford – Harlow 36km

Um 12 Uhr ist Ankunft in Harwich. Schnell ist man runter vom Schiff. Nach den verschlungenen Pfaden zur Einreisekontrolle geht es wieder zurück zum Bahnhof. Der Zug nach Chelmsford geht um kurz nach 13 Uhr. Diese etwas beschleunigte Anreise hat ihren Grund darin, dass ich morgen Abend in High Wycombe sein will, um mit meinen Freunden  auszugehen - am Samstagabend, dem klassischen Ausgehtag. Da das Schiff erst mittags ankommt, wäre die ganze Strecke in zwei Tagen nicht zu schaffen.
In Chelmsford suche ich also den Fernradweg Nummer 1 und finde ihn gleich an der Brücke über den Fluss. Der soll mich bis Harlow begleiten. Im Gewirr der Flussauen verliere ich kurz die Markierung. Aber Dank der hervorragenden Ordonance Survey Karten bin ich schnell wieder dran. Es geht über kleine Landstraßen nach Westen. Es ist noch relativ warm, die Wespen tummeln sich um meinen Eisbecher, als ich die erste Pause einlege.
Auf diesen Nebenstraßen und Wirtschaftswegen ist kaum Verkehr und so taucht man gleich  ein in Englands Grün.




Der Pub in Old Harlow


Gegen 17 Uhr bin ich in Old Harlow und komme an einem Pub vorbei, der auch einen Hoteltrakt hat. Hier werde ich die erste Nacht verbringen.

Sa,  21. August
Harlow – High Wycombe, 103 km    

Auf Parkwegen geht es in samstäglicher Morgenruhe durch Harlow.  Hinter Harlow endet die Wegweisung  für eine Weile wie auf der Website angekündigt. Ich habe mir auf Google Earth die geplante Trassenführung angeguckt und eingeprägt und bin überzeugt, dass man sie fahren kann. 






Felides´s Weir Lock: die Einmündung in den NCN 1 / 61


Und so kommt es auch: der Weg ist ein Trampelpfad und hat nur an einer Stelle leichte Stufen.  Nach der Schleuse am Seitenkanal des River Lee treffe ich auf den Radweg 61 und schere so auf die Nordwestumrundung(quasi eine Halbumrundung!) Londons ein: eine wunderbare Strecke an Kanälen und auf alten Eisenbahntrassen, die nur in den Ortsdurchfahrten manchmal etwas mühsam wird. (Wenn ich nicht den Besuch etwas abseits der Radrouten geplant hätte, dann bräuchte ich nur der Route 61/6 folgen und träfe dann kurz vor Maidenhead auf die Route 4,  die bis zur Westküste in Wales führt .)
Ich kann diese Nordwestumrundung gar nicht genug preisen, so praktisch und so schön ist sie. Man kommt durch verschiedene kleine Städtchen, wo ein Pub oder ein Coffeeshop nie weit ist.  Mit dem Straßenverkehr hat man nichts zu tun – naja, fast nichts.  3 Eisenbahntrassen,  2 Kanalrouten und ein flussbegleitender Radweg (River Colne) machen die Tour zum Genuss. 




Vogelbeobachtung bei Great Amwell, direkt am Radweg


Aber erst einmal passiere ich ein Naturschutzgebiet, wo Birdwatcher wie bestellt ausharren - wie um einem englischen Klischee zu entsprechen.
In Hertford dann geht es auf die erste Eisenbahntrasse, die leicht zu finden ist(Cole Green Way).  Nach ein bisschen Straße (Welwyn nach Hatfield) geht es  auf die zweite Eisenbahntrasse bis nach St. Albans (Albans Way). Der Untergrund ist hier ein bisschen rau.
Am Ende der Trasse ist der Weg weiter über Straße nach Watford ausgeschildert. Im weiteren Verlauf entscheide ich mich aber gegen die Route und folgebei Little Munden Farm dem Colne Valley Walk auf der anderen Seite des Flusses und habe damit den schöneren Weg gewählt als von der Route vorgesehen. Die Route treffe ich dann später wieder im Autobahnbrückengewirr vor Watford. Sie  folgt jetzt weiter dem Fluss durch Watford, und ist dann kurz nach dem Supermarkt Tesco`s auf der dritten, sehr schönen Eisenbahntrasse(Ebury Trail).








Cole Green Way, unten der River Lee


Die führt bis Rickmansworth, wo sie sich dem Grand Union Canal anschließt. (Im Naherholungsgebiet teilt sich die Route). Wenn man an der Schleuse und dem Canal Museum vorbei gekommen ist, kann man geradeaus weiterfahren. Bei Stockers Lock geht’s auf dem Treidelpfad weiter. Hier sind keine Schilder mehr, was erst verwirrt. Aber man ist richtig und muss nur immer dem Kanal folgen, soweit, wie man will...
Ich verlasse den Treidelpfad bei Harefield und schwenke in die Hügel ein. Natürlich geht es erst einmal bergauf. Ich habe jetzt schon 80km und bin nicht mehr so motiviert, will es nur noch schaffen. Außerdem fängt es an zu nieseln. In Chalfont beschließe ich, jetzt Hauptstraße zu fahren, was Quertäler ausschließt , aber natürlich nervigen Verkehr einschließt. Und die Autofahrer sind nicht immer freundlich gesinnt...
Naja, die restlichen 23 km gehen dann irgendwann vorbei. Zu den Freunden geht es aus dem Tal heraus noch einen sehr steilen Berg hoch, den ich hochschieben muss. Natürlich setze ich mich rechtzeitig vor ihrem Haus wieder in den Sattel und das ist auch gut so: Barbara steht schon im Garten vor dem Haus und wartet.

Sonntag, 22. August
High Wycombe: Ruhetag

Nach dem gestrigen leckeren Abendessen mit Wein, dem anschließenden Country Pub Besuch mit englischem „Real Ale“, und später Verkostung von irischem Whisky (Teil der gründlichen Vorbereitung auf mein Reiseziel) tut es gut, am Sonntagmorgen auszuschlafen. Tom ist zum Golfen verabredet und Barbara und ich machen einen Ausflug zu einem der vielen herrschaftlichen Anwesen, die es in England gibt: in diesem Fall der Landsitz des berühmten Politikers Disraeli. 




Hughenden Manor


Dort trödeln wir im Park herum und landen im Cafe zum Tee und Kuchen.
Das Wetter ist noch so gut und warm, dass wir abends grillen können.

Montag, 23. August
Ausflug nach London


Es ist bestimmt schon über 20 Jahre her, dass ich in London war.  So möchte ich einen Ausflug machen und die Eindrücke auffrischen. Barbara hat noch Urlaub und hat Zeit, mich zu begleiten. Wir fahren natürlich stressfrei mit der Bahn und der Underground ins Zentrum. 

...das kennt wohl jeder, oder?
 

Dort lassen wir uns treiben, spazieren an der Themse, am Riesenrad vorbei, auf einem Flussschiff mit schönster Aussicht nehmen wir einen Imbiss, bummeln weiter, flüchten vor einem Regenschauer in eine Buchhandlung, und landen nach weiterem Bummeln in einem schönen Restaurant im Art Deco Stil im Theaterviertel, wo Theatergrößen und andere bedeutende Persönlichkeiten per Messingschild unter den allgegenwärtigen Spiegeln verewigt worden sind. Uns lädt man unverständlicherweise nicht dazu ein...
Zufrieden kehren wir am späteren Nachmittag zurück. Barbara geht zum Sport. Dafür hat Tom zum „Tea“ – wie die warme Abendmahlzeit heißt – vom Inder Takeaway allerlei Leckereien mitgebracht.
Kleine Wartungsarbeiten am Fahrrad und ein Bier dazu runden den Tag ab.



2. Die Durchquerung Englands am Kennet-and-Avon-Canal



Dienstag, 24. August
High Wycombe – Maidenhead – Thatcham: 70 km

Wenn die ersten beiden Fahrtage der Prolog waren, dann beginnt erst heute die richtige Tour. So richtig freundlich ist die Wettervorhersage nicht, aber heute soll es noch weitgehend trocken bleiben. Gott sei Dank muss ich nicht über den Berg nach Maidenhead, sondern kann dem River Wye folgen, der unten im Tal fließt. Der Tag fängt also gemächlich an; die Themse wird überquert auf dem Weg zum Zubringerradweg nach Maidenhead.  Dieser ist am Beginn durch eine Umlaufsperre so blockiert, dass ich abpacken und das Fahrrad rüberheben müsste. Ich bin empört und nehme die Straße nach Maidenhead (da wusste ich noch nicht, dass ich noch viele Umlaufsperren „treffen“ werde!!).
In Maidenhead gibt es dann in der Fußgängerzone Kaffee und Sandwich, die englischen Geldautomaten werden getestet und weiter geht’s: hier treffe ich auf den Weg Nr 4. Er führt bis Reading auf Feldwegen, Wirtschaftswegen, Nebenstraßen und sogar auf matschigen Waldwegen! Etwas ungewöhnlich für einen nationalen Weitradwanderweg, aber dafür habe ich mit dem Straßenverkehr nichts zu tun, was ja auch schön ist (später werde ich das Wundern über die Wegebeschaffenheit aufgeben).
Bei einer Dorfdurchfahrt habe ich dann auch meinen ersten (und letzten) „Platten“. Ein kleiner Glassplitter hat sich böswillig in die Laufflläche eingeschlichen! An einer Tankstelle kann ich den Schlauch austauschen (wird abends im Quartier geflickt) und mir danach die
Hände waschen. Etwas ungeübt mit dem Ausbau des Hinterrades mit der Rohlofschaltung bin ich noch. Dabei ist es ganz einfach!
Danach geht es weiter. Kurz vor Reading ist man im Hauptstraßengetümmel, bevor der Weg – endlich! – an den Kanal einschwenkt (Kennet and Avon Canal). 

am Kenneth-and-Avon-Canal: Schleuse hinter Reading


Eins muss man sagen: der Weg ist hervorragend ausgeschildert. Und das bleibt bis Pembroke auch so!
Also habe ich eine schöne Stadtdurchfahrt durch Reading, immer am Kanal entlang.  Nach der Stadtmitte verlässt der Weg kurz den Kanal, um dann wieder einzuschwenken bis Thatcham (25 km). Der Weg ist traumhaft versteckt und grün, ist aber nicht ein bisschen hergerichtet. Er gleicht mehr einem Trampelpfad oder – wie die Engländer sagen –nature trail.






NCN 4: hier nur ein Trampelpfad aus Gründen des Landschaftsschutzes


Da muss man sich schon mal unter einem umgekippten Baum durchhangeln. Später ist der Weg sogar total  durch einen Baum blockiert. Da heißt es abpacken und das Fahrrad durch die am Boden liegende Krone durchzerren und durchtragen. Danach dann das Gepäck. Ein paar blutige Schrammen hole ich mir dabei am Bein. Ich komme mir vor wie der Prinz im Märchen Dornröschen. Nur  – wie der allgegenwärtige Angler an dieser Stelle bemerkt – dass niemand zuhause ist..
In Thatcham  hat der erste, schöne Pub leider kein Zimmer mehr frei (oder will nicht!), aber der nächste bietet dann ein Zimmer an. Und wie die meisten Pubs hat er auch ein Restaurant, sodass das Essen auch gesichert ist.


Mittwoch,  25. August
Thatcham – Easton Royal 46 km

Das Fernsehen hat Starkregen vorhergesagt und ich sehe mich schon angebunden an dieses Zimmer in diesem Kaff. Aber der Morgen ist ruhig und schön und so starte ich nach dem Frühstück mit der Devise: wenn es regnet, mache ich Stopp.  Nach der Ortsdurchfahrt von Thatcham geht es vor Newbury wieder für7 km an den Kanal. 


nicht hergerichteter Treidepfad
 
Danach ist der Treidelpfad buckelig und fährt sich wirklich sehr unbequem, so dass ich der Wegweisung folge, die jetzt über die Straße geht. Bis Hungerford ist es noch einigermaßen gemütlich. Hier trinke ich erst einmal Tee, dazu Scones: das ist typisch englisch und schmeckt gut und stärkt. Leider fängt es in der Zwischenzeit an zu nieseln und ich will doch noch was schaffen. Ein Tourismusbüro gibt es nicht. Ein Radfahrer in Thatcham hat mir das hübsche Dorf Great Bedwyn ans Herz gelegt und ich wette mit mir, dass es dort einen Pub gibt. So fahre ich durch den immer heftiger werdenden Regen dorthin. Die Wette habe ich dann verloren. Zwar gibt es einen Pub, aber kein Bed and Breakfast. Also weiter zum nächsten Ort an der Strecke: Burbage. Dort angekommen – trief – frage ich nach B&B. Leider nein, sagt der Landlord, aber empfiehlt mir eins im nächsten Ort Easton Royal. Auf mein Bitten ruft er dort sogar an. Dort angekommen bin ich in „the middle of nowhere“. Kein Laden, kein Pub und das B&B ist auch nicht zu finden, bis ich zufällig den Postler treffe, der mir weiterhilft. Nach meinem Eintreffen dort ziehe ich erst mal meine nassen Sachen aus und bekomme Tee und Kekse.
Den Nachmittag verbringe ich lesend und fernsehend im Zimmer und schaue immer wieder auf die Hügel, die von den Regenwolken förmlich zugedeckt werden. 


Blick aus dem Fenster: die Wolken hängen tief!


Abends zücke ich die Visitenkarte des Taxiunternehmens, um ein Taxi nach Burbage in den freundlichen Pub zu bestellen: ein Abenteuer für sich! Beim 2. Unternehmen klappt das dann, aber das Eintreffen dauert und ich stehe draußen im Starkregen an der Straße, damit das Taxi mich auch findet!
Aber Ende gut, alles gut: im Pub gibt es gutes Essen. Zwei Fahrradladies aus Bristol, die im gleichen Quartier wohnen und auch hier essen, laden mich ein, ihnen Gesellschaft zu leisten. Sie sind mit dem Fahrrad auf dem Weg nach Reading, wo die Meisterschaft im Damenrugby stattfindet. Sie haben  früher selber Rugby gespielt. So trinken wir noch das eine und andere Bier, beklagen das Schweinewetter (die Ladies sind  8 Stunden durch den Regen gefahren!!), erzählen, und am Ende fährt uns der Kneipenwirt zurück in unser Quartier. Ein offenbar geübtes Arrangement zum Nutzen aller.

Donnerstag, 26. August
Easton Royal – Batheaston: 64 km

Der Regen soll erst im Laufe des Tages aufhören und nach Osten weiter ziehen. Ich will nach Westen! Also soll er sich schnell verziehen....
Beim Frühstück bin ich noch unschlüssig. Aber als es dann mal aufhört, packe ich die Taschen auf, ziehe die Regencombi an und fahre los. Die Hügel sind noch weiß von Regenwolken. Es nieselt immer wieder, aber der Starkregen ist vorbei.  Bis Devizes (25km) führt die Route im Zickzackkurs über die kleinen Landstraßen, immer wieder den Kanal querend. Das heißt immer wieder rauf und runter. Aber das ist alles noch gut machbar. In der Ferne – als es aufklart – sieht man das weiße Pferd von Wiltshire, eine weiße Kreidefelszeichnung, die kilometerweit zu sehen ist.  In Devizes geht die Route wieder auf den Treidelpfad (bis Bath 36km). 

Die Schleusentreppe von Devizes
 

Hier ist auch die berühmte Schleusentreppe: 29 Schleusen, davon 16 direkt hintereinander, weil unterhalb von Devizes das Terrain in eine tiefere Ebene führt. Das ist schon  ein Schauspiel, wie die Narrowboats – so heißen die schmalen Hausboote, die hier auf den Kanälen fahren – hinunter- bzw hinauf geschleust werden.






es hat geregnet: Pfützen auf dem Treidelpfad


Die Straßen, die ich heute gefahren bin, waren nass und dreckig, was man mir und meinem Fahrrad ansieht. Auf dem engen Treidelpfad kommen dann noch die vielen großen Pfützen dazu, denen man nicht immer ausweichen kann. Auch Brombeerranken ragen keck in den Weg hinein. Ich bin dreckig bis übers Knie.
Aber für einen Besuch im Pub für Tee und Sandwich geht es noch.
Später in Bradford on Avon gibt es noch süßen Kuchen und weiteren Tee. Regenwolken drohen immer wieder am Himmel und ab und zu kommt auch etwas herunter. Die Strecke wird jetzt interessant und ist ab hier auch besser ausgebaut: der Kanal liegt jetzt halb am Berg und der Avon liegt unten im Tal.
Zweimal quert der Kanal und damit auch mein Radweg auf einem Aquädukt den Fluss!  Das ist wirklich etwas Besonderes!
Kurz vor Bath beschließe ich, mein Übernachtungsglück in einem der Vororte zu suchen und frage in einem Pub: sie schicken mich nach Batheaston zu einem Hotel, dass sehr pittoresque am Fluss und einer alten Brücke liegt, die offensichtlich in Privatbesitz ist. Jedenfalls muss man „toll“ zahlen. 




die Mautbrücke in Batheaston


In das Hotel traue ich mich kaum rein, so dreckig bin ich. Ich fange also mit beschwichtigenden Reden an, bevor ich nach einem Zimmer frage.  Aber die stören sich nicht dran: die wollen einfach nur ihr Hotel voll kriegen und kassieren. 75 Pfund kostet es denn auch, aber ich bin froh und glücklich. Bevor ich das Zimmer beziehe, reinige ich erst einmal meine Taschen, die über und über verdreckt sind. Ich muss mein Fahrrad wohl mit kleinen Schmutzlappen nachrüsten. Danach kann ich dann das große Badezimmer und das breite Bett genießen. Dann wasche ich meine Fahrkleidung. In meinem zweiten Satz Bekleidung, den ich Hotelkleidung nenne, begebe ich mich abends dann ins hauseigene Restaurant und speise u.a. Entenbrust mit bester Aussicht auf das alte Mühlrad, den Fluss, die Brücke und die trüben Wolken....


Freitag, 27. August
Batheaston – Chepstow : 69 km

Heute geht die Strecke nach Bristol und dann über die Severnbrücke nach Wales. Die ersten  25 km hinter Bath sind sehr gut ausgebaut auf einer Eisenbahntrasse bis in das Zentrum von Bristol hinein. 


schneller Radweg auf einer Eisenbahntrasse ins Zentrum von Bristol
 

Da macht das Fahren Spaß und ist auch leicht. In der Mitte der Strecke ist ein Museumbahnhof mit Buffet, wo ich einen Kaffee bestelle und mit Derek, einem Fahrradaktiven aus Bristol, ins Gespräch komme. Er erzählt, dass dieses Land zu viele Autos hat; dass die Engländer einfach zu autoverrückt seien. Bristol hat sich aufgemacht, fahrradfreundlichste Stadt zu werden und hat viele Fahrradstreifen ausgewiesen, die aber immer nur Stückwerk sind, also nicht genügend vernetzt. Den Eindruck habe ich auch, als ich später aus Bristol herausfahre.
Aber erst einmal geht es ja nach Bristol hinein auf dieser Eisenbahntrasse: das macht Spaß! Es ist wie ein grüner Korridor – sogar mit einem großen Tunnel – der direkt in das Herz der Stadt und dem Hafen führt. Ich freue mich, einmal in dieser Stadt sein zu können und mache eine lange Pause an einem Nebenhafenbecken, wo die Rundfahrtbarkassen abfahren. Ich sitze mit dem Blick auf das Wasser in einer Tapasbar, die englische Tapas anbietet: eigentlich ein Widerspruch in sich. 


Pause am Kai in Bristol


Ich bestelle zwei davon und sehe: hier hat sich ein richtiger Küchenkünstler ausgetobt: fast mag man sie gar nicht anrühren, so kunstvoll sind sie gestaltet. Und die pummelige, punkige Kellnerin, die sich meiner angenommen hat, freut sich, dass mein Ziel auf britischem Boden Pembroke ist: da kommt sie nämlich her.
Herrlich, diese Pause, zumal die Sonne inzwischen wieder lacht! Aber ich ahne, dass die Ausfahrt aus der Stadt nicht so leicht wird. Es geht nämlich vom Hafen aus erst einmal nach oben.  90 Minuten brauche ich, bis ich im Gewirr der Nebenstraßen die Stadt hinter mich gelassen habe. Hier bin ich dann im Marschland. Kurz vor 14.30 Uhr bekomme ich noch einen Tee in einem Pub, bevor dieser schließt. Ein alter, einsamer Engländer verwickelt mich in ein Gespräch und will alles über meine Reise wissen. Dann fahre ich weiter auf leichtem Terrain. Trotzdem bin ich müde. Wenn man mich im Dorf vor der Brücke nicht abgewiesen hätte, hätte ich da schon Schluss gemacht. Gott sei Dank! So raffe ich mich auf, fahre zur Brücke, über die zu fahren ein Erlebnis ist. Und dann die Aussicht über diese immense Trichtermündung des Severn!
Drüben in Wales angekommen will ich nach Chepstow, ein Ort, den ich bereits kenne. Und das will erarbeitet werden: Es geht einen langen Berg hoch, um dann kurz vor dem alten Zentrum wieder herunter zu gehen. Im erstbesten Pub nehme ich ein Zimmer, das nicht erstklassig ist, aber okay. Danach wie immer Duschen und Auswaschen der Fahrkleidung und zum Trocknen aufhängen: wie es halt so geht in einem Hotelzimmer. 


die Hauptstraße von Chepstow
 

Der Hunger ist jetzt groß und ich gehe durch die schöne Altstadt. Fast wäre ich an einem Fish and Chips Imbiss hängen geblieben. Aber weil ich so unentschlossen bin, bummel ich immer weiter durch die Stadt. Unten an der Brücke über den River Wye finde ich dann ein schönes Restaurant mit Garten direkt am Fluss. Dieser Fluss ist unglaublich: er hat mit den größten Tidenhub, den es gibt. Er hat keine große Trichtermündung, weil er sich kurz vor der Mündung noch durch Felsen graben musste. Dass macht einen engen Flusslauf und erklärt den immensen Unterschied zwischen Ebbe und Flut – noch weit ins Land hinein.





kleine Fische wie Pommes Frites


Ich sitze im Garten und trinke Bier und genieße die Vorspeise, kleine knusprig frittierte Fische (Whitebait) in der Größe von Pommes Frites. Dann kommt ein gewaltiger Wolkenbruch, so dass ich den Hauptgang, ein hausgemachtes Curry, drinnen einnehme, immer mit Blick auf den Fluss, den Regen und abschließend den Regenbogen! Ein Platz zum Verlieben!
Rasant füllt sich der Fluss mit Wasser durch die Flut. Ein Schauspiel der besonderen Art, wenn das Wasser mit großer Geschwindigkeit flussaufwärts fließt.



die Flut läuft auf




3. Die Durchquerung von Wales

Samstag, 28. August
Chepstow – Caerphilly: 65 km

Die Route Nr 4 heißt in Wales auch Celtic Trail und fängt unten am Schloss an.  Ich habe Mühe, die Markierung zu interpretieren. Auf jeden Fall geht es erst einmal aufwärts, um erst später in die Marsch einzuschwenken. Hier kommt man gut voran. Dass ich wieder die Markierung verliere, liegt an meiner Unachtsamkeit. Aber mit Hilfe der Karte bin ich schnell wieder drauf.
Nach 25 km sehne ich mich nach Kaffee, aber hier in der Marsch ist nichts los und der Pub, auf den ich treffe, hat noch nicht geöffnet. Mit hängender Zunge erreiche ich Newport und ...




die Schwebefähre in Newport, frisch gestrichen


...damit einen Leckerbissen (für die Augen): eine Schwebefähre über den Fluss, gerade frisch renoviert! Ein seltenes Relikt aus den Zeiten der frühen Industrialisierung.
In Newport führt mich die Route auf verschlungenen Wegen durch die Vororte, immer noch ohne Cafe. Erst am Ortsausgang, in einem Park mit Spielplatz, steht ein Imbisswagen, der (Instant-)Kaffee und Sandwich bietet und Softeis. Für den Betreiber des Kiosk und den Kassierer der Hüpfburg bin ich eine willkommene Abwechslung. Sie bombardieren mich mit Fragen, sodass ich kaum zum Essen komme.
Die Route geht durch den Park und später durch so eine Wildnis,  dass ich mich frage, ob ich noch richtig bin. Dann kommt eine Umlaufsperre, die mich inzwischen Abgebrühten dann doch noch empört: Auf dem Hinterrad tänzelnd kann ich das Fahrrad hindurch führen...
Danach dann, in Bassaleg, bin ich ohne Zweifel im waliser Hügelland angekommen. 



Ausblick zur weiten Mündung des River Severn


Und ich mache wegen einer schwer zu lesenden Sustrans-Karte meinen ersten Fehler: ich bin unaufmerksam  und klettere – immer mit Stehpausen – einen endlos langen Hügel hoch. Er nimmt und nimmt kein Ende. Endlich oben angekommen habe ich zwar eine wunderbare Aussicht, aber es geht steil  wieder abwärts. Mit verkrampften Händen an den Bremsen fahre ich herunter und höre unten das Autobahnrauschen: die sollte eigentlich weit weg sein. Mir schwant, dass ich mich verfahren habe!





auf und ab....


(Leider habe ich die Ordonance Survey Karten für diesen Bereich zugunsten einer Sustranskarte eingespart, obwohl mir der Verkäufer anders geraten hatte. Bei erster Gelegenheit will ich diesen Fehler korrigieren! Das soll nicht noch einmal passieren!!)
Vom jetzigen Standpunkt habe ich also keine Karte. Ich muss also ein bisschen improvisieren, was dann auch gelingt.
In Draethen geht es wieder steil hoch nach Machen, wo wieder eine Eisenbahntrasse folgt.
Danach geht aus auf verschlungenen Pfaden nach Caerphilly mit seiner riesigen, wirklich beeindruckenden Burganlage. 


Die Burg in Caerphilly
 

Als erstes erstehe ich in der Fußgängerzone die ausstehenden Karten, danach weist mir Martin im Tourismusbüro ein B&B nach in der Straße Hillside: Nomen est  Omen! 
Gut - das schaffe ich auch noch und komme in einem Guesthouse einer reizenden alten Dame unter. Das Zimmer ist gut, hat eine wunderbare Aussicht (Hillside!!) und eine Badezimmer mit einer großen, alten Wanne, in der ich mich sodann entspanne.
Später gehe ich zu Fuß wieder in die Stadt hinunter, um Fotos zu machen und um was zu essen. Aber heute ist Samstag Abend und kein Pub serviert Essen. Dafür stehen  muskelbepackte Securitymitarbeiter vor der Tür. Ich schätze mal, die Stadt hat ein Problem.
Es gibt dann noch ein italienisches und ein indisches Restaurant. Ich gehe zum Inder und will mich beraten lassen, weil ich all die Fachausdrücke nicht kenne, die da auf der Speisekarte stehen. Aber damit sind die indischstämmigen Kellner nun völlig überfordert. Naja, essen kann man das, was ich dann bestellt habe ohne zu verstehen natürlich doch.

Sonntag,  29. August
Caerphilly – Margam: 63 km

Heute kommt die Bergetappe und das gute Wetter ist noch nicht da. Ich starte früh in die sonntägliche Ruhe und bin dann am Stadtrand wieder auf einer Eisenbahntrasse, die auch nach Pontypridd abbiegt. Die Ruhe vor dem Sturm: denn hinter Pontypridd geht es steil hoch. Also suche ich im Tal im Ort ein Cafe. Aber es ist Sonntag und alles ist geschlossen. Ich grase den Ort ab und erst auf dem Rückweg in einem kleinen Gässchen entdecke ich ein „BoutiqueHotel“, deren Betreiber flexibel genug sind, mir einen doppelten Espresso zu servieren.  

hier gibt es Espresso: Boutique Hotel in Pontypridd


Eine kleine Atempause also, bevor es los geht. Dann lässt sich das nicht weiter aufschieben und ich suche den Weg. Die Ortsdurchfahrt ist nicht ganz klar. Gut, die Wegemarkierung wird gefunden und dann es kommt heftig und nimmt kein Ende: obwohl es nur ca 300 Höhenmeter sind, ist es jedoch so steil, dass ich immer wieder Stehpausen machen muss. Oben weht ein ungemütlicher Wind und Wolken drohen, Regen abzuladen. Aber die Aussicht und die Landschaft. sind grandios. Und dann kommt es, wie es kommen muss: 
es geht abwärts, um danach aufwärts zu gehen.


auf einsamer Straße in den Hügeln von Wales


Dieses Spielchen geht so ein paar Mal, um dann 2 km hinter Tonyrefail sanfter zu werden. Hier kommen wieder Eisenbahntrassen und Flusstäler ins Spiel.





auf dem Berge, da wehet der Wind: Radweg auf ehemaliger Eisenbahntrasse


Auch hinter Tondu bleibt die Strecke angenehm.
Die zurückliegenden Strapazen verlangen ihr Tribut: mein Kaffeedurst wird langsam unangenehm  und die Mittagszeit ist schon lange vorbei. So suche ich ab Tondu ein Cafe oder Pub. Aber es ist alles leer und verregnet, die Strecke führt in den Ortschaften nur durch öde Wohngebiete.  Auch Pyle bietet nichts. Meine Hoffnung ist jetzt der Margam Country Park. Die Route macht extra einen Umweg, um am Fuße der Hügel durch den Park zu gehen. Dazu geht es erst einmal eine Viertelstunde bergauf. Nicht gravierend, aber für einen vom Kaffeedurst geplagten Radfahrer eine Zumutung. Dieser Park muss dann ja was ganz tolles werden!! 


durch oder nicht durch: das ist hier die Frage!
 

Aber erst einmal ist der Eingang zum Park versperrt. Wer sich so eine Umlaufsperre ausgedacht hat, gehört ins Gefängnis!
10 Minuten brauche ich, bis mein getrübtes Gehirn herausgefunden hat, wie man da durchkommt: die Klapptür in Mittelposition, Fahrrad auf die „Hinterbeine“ und es dann vor mich hergeschoben, ich hinterher. Das Gepäck dann nachgeholt. Der Fahrgenuss auf den Sandwegen des Parks ist jetzt getrübt, am Ende ist wieder die gleiche Sperre und ein Cafe ist auch nicht zu sehen. Ein Hotel oder Pub muss her! Und zwar im nächsten Ort Margam, einem Vorort von Port Talbot!  Und da ist tatsächlich das Gesuchte: es hat ein Zimmer frei trotz der Massen, die an diesem verlängerten (Bankholiday)Wochenende den Pub belagern. 
Und jetzt folgt: Entspannung!









in der Abendsonne sieht doch schon alles viel besser aus!

Montag,  30. August
Margam – Kidwelly 75 km


Gestern gegen Abend ist das Wetter schon schön und warm geworden. Jetzt soll  sich die Schönwetterphase etablieren. Ich finde, dass ich das langsam auch verdient habe. Als ich morgens losfahre, lacht die Sonne.
Erst einmal geht es durch vollgemüllte backyardstreets, dann durch Port Talbots neues Strandwohnviertel, dann wieder ins Schnellstraßengewirr bis zur neuen Hafencity von Swansea (20 km). Und ab hier wird der Tag dann nur noch Genuss!
Ich komme an einem hippen Café vorbei. Der aufmerksame Leser weiß, was jetzt folgt: da ich bereits 20 km gefahren habe, darf es ein Café Latte sein und ein Sandwich dazu. Ich kann mich gar nicht wieder lösen von meinem Sonnenplatz am Wasser.
Radwanderer kommen vorbei: die Mutter mit zwei Kindern auf einem Tridem plus Gepäckanhänger. Wie die die Umlaufsperren schaffen wollen ist mir ein Rätsel...   

was für ein Gespann! 

Als ich wieder aufbreche, folgen die schöne Promenade von Swansea, ...




einsamer Radfahrer im Watt von Swansea


....eine gut ausgebaute Eisenbahntrasse nach Goverton, nach der Brücke über den Fluss Loughor der naturnah ausgebaute Coastal Park von Llanelli. Das ist alles wunderschön und gut zu fahren. Viele Menschen nutzen diesen zusätzlichen freien Tag, um ebenfalls Rad zu fahren, was im ebenen Gelände ja für alle eine Möglichkeit ist. Der Garten eines Pubs an einem kleinen Strandsee in Llanelli ist gerammelt voll; aber ich finde noch ein Plätzchen für eine Pause. Der coastal park geht um die ganze Bucht und dann sogar – gut befestigt – hinter die Dünen am Rande des Strands. Das ist alles sehr schön!



hinter Burry Port, vor Kidwelly: befestigter, naturnaher Radweg vor den Dünen!


Und als dieser Weg zu Ende geht, schließt sich ein gut zu fahrender Weg durch den Pembrey Forest an, wo mich dann plötzlich die Stille umfängt. Und zum Abschluss dieses glorreichen Tages geht der Weg durch die Wiesen auf einem asphaltiertem Weg bis nach Kidwelly. Das erste Haus der Ortschaft bietet Bed and Breakfast an: besser kann es nicht kommen! Das Haus – eine ehemalige Farm - bietet Platz ohne Ende an.  



Abendstimmung am Bahnhof in Kidwelly


Zum Essen geht es in ein uriges Hotel, etwas abseits des Ortes an der Bahnstation.
Ach ja, ein altes Castle gibt es natürlich auch... 

Dienstag, 31 August
Kidwelly – St. Clear:  48 km




alle Flüsse hier haben Tidenhub


Der Weg führt nach Camarthen ins Landesinnere, denn über die buchtartige Mündung des River Towy gibt es keine Brücke und keine Fähre. Das ist erst einmal eine schöne Strecke, die nach Ferryside führt (hier ist nomen leider nicht omen!)



...und drüben grüßt Llansteffan Castle!


Unterwegs muss ich noch ein bisschen warten, weil ein Trecker die Straße versperrt, um die erwartete Herde junger Kühe auf die Wiese vor uns zu leiten. Ich komme mit dem Bauern ins Gespräch und er erzählt mir, dass er – als er zur Schule ging –  auch Fahrrad gefahren ist....
Wie aus der Karte zu ersehen war, geht es nach Erreichen des Ortes Ferryside in die Höhe. Und wie! Ich leide und keuche. Und schwitze.
Heute versöhnt mich selbst die Aussicht am höchsten Punkt nicht. Und da Camarthen am Fluss liegt, kommt, was kommen muss: die steile Abfahrt!


...abwärts nach Camarthen


In Camarthen angekommen (20km), habe ich nun wirklich ein Café verdient - ein Café, wo man draußen sitzen kann! Davon ist nur eins zu finden, welches vier Stühle draußen stehen hat; aber leider nicht in der Sonne! Okay, man muss bescheiden bleiben!
Und ich muss mich um ein Problem kümmern, das ich bisher versucht habe zu ignorieren: mein Steuerlager schlackert. Einen Fahrradladen gibt es hier nicht. Also traue ich mich und rufe bei Norwid in Norddeutschland an und schildere das Problem. Die Lösung ist ganz einfach: zuerst das Steuerlagerspiel einstellen, und erst danach dann den Vorbau festschrauben (AheadSet). Das geht einfach und schnell. Wäre das also auch gelöst und ich kann beruhigt weiterfahren. Durch die Regentage ist meine Kette trocken gelaufen: bei der nächsten Tour muss ich auch eine kleine Menge Kettenfett einpacken!
Von Camarthan geht es also weiter. Weitere Anstiege sind zu bewältigen. Kurz vor St. Clear gibt es ein Rasthaus an der Schnellstraße, dass mir Kaffee und was zu Essen bietet. Dann fahre ich weiter Richtung Ort, später sehr hübsch am Fluss entlang. 


River Taf in St. Clears






Rolls-Royce: meiner oder nicht meiner?


Am Ortsausgang, an einer schönen Brücke, sehe ich das Bed&Breakfast Schild und denke – obwohl es noch früher Nachmittag ist -: warum nicht schon mal früher Schluss machen? Während ich noch sinniere, tritt der Besitzer (Steve) aus der Tür und ich sage: „you know, what I want“ und er grinst. Das Zimmer ist sehr geschmackvoll eingerichtet, hat nicht den üblichen Plüsch. Mein Fahrrad findet Platz in der Garage, in der ein leibhaftiger Rolls Royce Silvershadow steht. Wir machen noch ein Funfoto mit mir davor. 


Später gehe ich spazieren an diesem schönen Flüsschen, das hier noch tidenabhängig ist.
Und in der Ortsmitte gibt es natürlich wieder Pubs, die Essen anbieten. Das ist schön, auch wenn die Speisen in jedem Pub fast identisch sind.

Mittwoch, 1. September
St. Clear – Tenby : 26 km


Heute folgt ein weiterer Höhepunkt der Reise: Der malerische Urlaubsort  Tenby mit seinen Klippen und Stränden. Hier will ich zwei Nächte bleiben. Und das Wetter ist  perfekt! Vielleicht komme ich auch dazu, meine neues Ein-Mann-Zelt zu testen.
Aber erst einmal muss ich ja in St. Clear aufbrechen. Gleich hinter Brücke geht es erst einmal aufwärts, wie immer, wenn man quer zum Fluss fährt.  Drei Anstiege heute habe ich auf der Karte gesehen. Der erste tut weh, der zweite auch, aber danach ist das Meer schon zu sehen! Das macht den dritten Anstieg leichter. 


Die Küste naht: der Blick aufs Meer


Und dann: langes Ausrollen zum Strand! Um 11 Uhr bin ich am Strand, aber noch nicht in Tenby. Hier gibt es als Belohnung erst einmal Cream Teas, d.h. Tee, Scones, Jam und clotted Cream; und das in der Sonne!



die Klippen in Amroth



Ein bisschen zu früh habe ich mich dann doch gefreut. Am Ende dieses ersten Strandes geht es steil wieder hoch (Schieben!) zu einem Weg auf den Klippen, sehr malerisch und schön.





wunderbare Ausblicke: schöner Klippenweg!


Der Weg geht dann runter nach Wiseman Bridge und bleibt dann unterhalb der Klippen und geht sogar durch zwei Tunnel nach Saundersfoot. Sehr schön! Hier halte ich kurz an, um das Strandgetümmel zu betrachten. Bis Tenby ist es nicht mehr weit, aber der Strandpfad ist zu Ende, d.h. ich muss noch einmal hochschieben. Dann geht es über weitere Siedlungen (ich registriere einen Supermarkt: wichtig!) und an vielen Campingplätzen vorbei. Ich will den letzten vor Tenby nehmen, damit ich zu Fuß hinuntergehen kann. Und der ist auch wirklich schön: eine große Wiese mit Aussicht bis zum Horizont.
Als ich mir meinen Platz aussuche, sind meine Nachbarn auch gleich sehr interessiert: Les und Karen laden mich erst einmal zum Tee ein. Les ist Freizeitrennradfahrer und mit zwei Carbonrennern angereist. An den Wochenenden fährt er häufiger Rennen. Seitdem er diesen Sport wieder aufgenommen hat, hat von 120kg auf 90 kg abgenommen; und sein Sohn hätte auch beinahe Musik studiert...
Nach dem Tee habe ich also mein Zelt aufgebaut und bin davon begeistert.  So praktisch und so leicht! Die Haltbarkeit und Sturmsicherheit kann das Zelt natürlich erst im Laufe der Jahre beweisen.

Premiere mit meinem 1-Personen-Zelt
   

Danach gehe ich den Fußweg runter nach Tenby und betrachte staunend das bunte Treiben in der Stadt: ein Restaurant neben dem  anderen.


in der Fussgängerzone von Tenby


Bis 17 Uhr sind die Hauptstraßen Fußgängerzone. Der Hafen unterhalb der Klippen liegt trocken: es ist Ebbe. In der Ferne blitzt die Insel Caldey, wo ich morgen hin will. Heute gibt es Fish and Chips für mich. Das schmeckt gut. Bisher habe ich es wegen der Fettigkeit der allgegenwärtigen Chips immer gemieden. Danach treibe ich mich noch ein bisschen zwischen Nord- und Südstrand herum und gehe dann nach 20 Uhr zum Zelt zurück. 


eine Bucht von Tenby
 

Meine neue Bekanntschaft macht sich bezahlt: ich werde gleich zum Bier eingeladen, was gut kommt, weil der Zeltplatz von der spartanischen Sorte ist und keinerlei Versorgung hat wie die Zeltplätze in Frankreich. Les beschreibt die Kontaktfreudigkeit der Briten als Neugierde. Und dann wird es noch ein zweites Bier! Das gibt die nötige Bettschwere und ich genieße meinen neuen Schlafsack und die Nacht im neuen Zelt.

Donnerstag, 2. September
Ferientag in Tenby



Beim Aufwachen freue ich mich auf den heutigen Tag. Frühstück muss improvisiert werden: ich fahre zum Supermarkt. Und der hat tatsächlich Coffee to Go.  Und manch andere Leckereien. Gut, das Frühstück auf dem Parkplatz einzunehmen ist nicht gerade der romantischste meiner Träume, aber man muss manchmal auch improvisieren.
Zurück zum Zeltplatz sorge ich dafür, dass die Wäsche, die ich gestern gewaschen habe, die Restfeuchte in der Sonne verliert und bin dann gegen 11 Uhr soweit, in die Stadt zu gehen. Zuerst in ein Internetcafe, wo ich Gelegenheit habe, die E-Mails durchzugehen und dann in einen Laden, der vom Angelzeug bis zu Glühbirnen alles hat. Ich brauche dringend einen Adapter von Continental Plug zu English Plug, damit ich überall mein Handy aufladen kann. Und tatsächlich gibt es den dort.
Dann gehe ich runter zum Hafen und kaufe eine Fahrkarte zur Insel. Das wird eine schöne Fahrt: Ich kann Fotos von Tenby von der Wasserseite aus machen, die Sonnenstrahlen glitzern im Wasser, es geht an Felsen vorbei, in die die Kräfte des Meeres Tore geformt haben. Die Insel ist im Privatbesitz und hat ein Kloster: es ist eine kleine Welt für sich und ein Abbild der zerklüfteten Küste Pembrokeshires. Ich tummel mich eine Weile auf der Insel herum, mache Fotos, auch für meine Handypostkarten, und gehe dann zum Teahouse für Tee und Kuchen. 

auf der Insel Caldey 


Auch die Rückfahrt ist schön. Da jetzt wieder Ebbe ist, kann nicht im Hafen angelandet werden, sondern mit Hilfe eines langen, von einem Trecker gezogenen Pontonstegs in der Brandung des Südstrands. Das erfordert hohe Manövrierkunst und vier kräftige Seemannsarmpaare, die die Passagiere auf den Ponton hieven!

"Treckerlandungssteg"
 

Danach suche ich mir wieder ein Restaurant und finde eins, dass einen Balkon hat, der wie ein Schwalbennest an der Hafenklippe klebt. Die Aussicht ist herrlich, das Essen griechisch angehaucht und hervorragend.

Freitag, 3. September
Tenby – Pembroke Docks: 32 km

Die zweite Nacht im Zelt wird auch wunderbar. Aber wer früh einschläft, wird auch früh wach. Ich kann nicht richtig abwarten, bis die Sonne das Zelt abgetrocknet hat. Also stehe ich auf und wische das Kondenswasser mit einem Schwammtuch ab. Das bringt ein bisschen was. Danach wird das Zelt dann eben mit der Restfeuchte eingepackt. Als der Zeltplatz erwacht, bin ich bereits fertig und habe alles gepackt. Ich freu mich auf ein Frühstück unten in Tenby.
Ich fahre den steilen Fußweg hinunter und lande in der noch schläfrigen Stadt. Okay, die Hotels bieten jetzt für ihre Residents Frühstück an, aber alle anderen Lokalitäten haben noch nicht geöffnet. Kein „Early Bird“ Lokal dabei. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Ich beschließe bis zum nächsten Ort Penally zu fahren. Da gibt es bestimmt etwas!
Aber leider kommt es nicht so: Penally ist verschlafener als ich dachte. Aber ein Hotel hat das Frühstücksschild draußen. Drinnen sind auch bereits Leute, die frühstücken. Aber leider, leider, leider sieht man sich nicht in der Lage, mir Frühstück zu machen. Das gehe erst um 9.30 Uhr.
Also fahre ich zum einzigen Laden und improvisiere wie gestern. Gut daran ist, dass ich mit einer Kundin ins Gespräch komme, die mir rät, den sogenannten Ridgeway zu nehmen trotz des enorm steilen Anstiegs hier in Penally. Ich folge ihrem Rat und bin dankbar. Nachdem man einmal den Aufstieg (Schieben!) geschafft hat, fährt man die nächsten 12 km auf einem Grat und hat eine wunderbare Aussicht zum Meer und zum Land. Außerdem ist hier oben so gut wie kein Verkehr. Dann noch eine lange, sanfte Abfahrt und – schwubb – bin ich in Pembroke.  

(Muss ich erwähnen, das Pembroke selbstverständlich auch ein altes Castle hat?) Hier muss ich noch einmal durch den Ort zum Fährhafen Pembroke Dock.
Erst einmal checke ich die Modalitäten: wann das Ticket Office aufmacht, wann Einchecken ist usw. Dann gibt es endlich ein richtiges Frühstück in einem Cafe. Der Ort ist reizlos, sodass ich bald zum Fährterminal zurückkehre und dort lesend die Abfahrtszeit abwarte.
Nach der Abfertigung und der Sicherheitskontrolle muss man erst einmal warten an der Absperrung, bis die wendigen Sattelschlepper all die bereitgestellten Container auf das Schiff verbracht haben. Ein Schauspiel in höchster Präzision. Danach darf  ich, weil ich der einzige Radfahrer bin, als erster die Rampe hochfahren...


Die Fähre läuft ein...


Die Überfahrt geht um 14.45 los  und dauert 4 Stunden. Ich hatte mir zuhause schon ein Bed and Breakfast herausgesucht und traue mich jetzt, dort anzurufen und mir ein Bett reservieren zu lassen. So kann ich mich auf der Überfahrt entspannen, weil das geregelt ist. Die Ausfahrt aus dem Fjord verbringe ich natürlich draußen, die Sonne und die Landschaft genießend. Da stören auch die Raffinerien nicht, die in diesem Teil Wales die Küste etwas verunzieren....Dieses langsame Gleiten auf dem Wasser, wenn das Land langsam verschwindet, hat etwas Bezauberndes. (Ich sagte es ja schon.....) An Bord gibt es dann schlechtes Essen, das vom englischradebrechenden osteuropäischen Personal serviert und kassiert wird. 


Ausfahrt aus dem Pembroke "Fjord"


Später in der Bar habe ich kurz Kontakt mit jungen Iren, die alle einen hölzernen Schläger in der Hand halten, ähnlich einem Hockeyschläger.
Sie klären mich auf, dass es Hurlingschläger seien, fürs Hurling, einem irischen Spiel.  Als sie hören, dass ich nach Kilkenny will, teilen sie mir noch mit, dass am Sonntag ein wichtiges Spiel sei, wo die Mannschaft von Kilkenny um die Meisterschaft spielt. Von Hurling habe ich noch nie in meinem Leben gehört, aber die nächsten drei Tage werde ich daran nicht vorbeikommen. Die Hurlingmeisterschaft ist omnipräsent.
Abends kommen wir dann in Rosslare an und an der Ausfallstraße reiht sich ein B&B an das andere. Im Internet hatte ich den Eindruck, es gäbe nur eins!

Angekommen in Irlands Pubs


Also Quartier gemacht und in der lauen Abendluft zum nächsten Pub gegangen, wo man vom Landlord persönlich empfangen wird, persönlich zu einem genehmen Platz geleitet wird, der einem noch Zeitungen bringt, um die Wartezeit auf das Essen zu verkürzen. Ist das die berühmte irische Gastfreundschaft?



4. In Irland


Samstag, 4. September
Rosslare – Inistioge : 75 km


Ich hatte meinem Sohn schon gesagt, dass es zweifelhaft ist, dass ich die 100 km nach Callan, meinem Ziel, heute am Samstag schaffe. Ich hatte beim Lesen der Karte die Zahl 60 herausgefunden und erst später bemerkt, dass es sich um Meilen handelt und nicht um Kilometer. Aber versuchen wollte ich es. Deswegen bin ich früh dran heute Morgen. Beim Aufpacken schaue ich zufrieden in den Himmel: aufgelockerte Bewölkung, Reste des Morgenrots!
Als ich mich dann jedoch in Fahrtrichtung drehe, sieht es schon ganz anders aus: eine Wand wie Watte hüllt die Landschaft im Westen bis zur Unsichtbarkeit ein. 
Also hole ich schon mal die Regencombi heraus. Die Gegend ist hier flach und ich komme sehr schnell voran. Aber nach einer Stunde hat mich der Regen dann doch erwischt: eine gelungene Mischung zwischen Nieseln und Starkregen.
Ich fahre erst Nebenstraßen und später Hauptstraße, die aber einen so breiten Randstreifen hat, dass man sehr gut Fahren kann ohne vom Verkehr beeinträchtigt zu  sein.
 






breiter Radstreifen zum Fahrradfahren


Um 12 Uhr habe ich schon 54 km und bin in New Ross. Hier gibt es Kuchen und starken Kaffee. Eine Zeitung sagt besseres Wetter für morgen voraus.
Da es gerade halbwegs trocken ist, beschließe ich, weiterzufahren; noch etwas zu schaffen.
Es geht jetzt ins Hügelland. Die Wolken hängen so tief, dass sie die Hügel quasi bedecken. Als ich also hochfahre, bin ich voll in der Wolke mit entsprechender Feuchtigkeit. Eigentlich eine schöne Landschaft jetzt oberhalb des Flusses Nore, aber leider sieht man nicht viel davon.
Das Radfahren hat jetzt was von Survivaltraining. Gott sei Dank sind die Milchlaster, die mich überholen, nicht so zahlreich. Ich muss nämlich danach immer anhalten und meine Brille abwischen, um die Sicht wieder herzustellen. Irgendwann kommt eine Schild, das einen Pub mit Bed and Breakfast ankündigt, und ich beschließe, dass ich für heute nun wirklich genug habe. Ich betrete nun in voller Regenkleidung (Gamaschen, Regenhose, Anorak mit Helm unter der Kapuze) den Gastraum und stelle mich als „der Mann vom Mars“ vor.
Für die Nachmittagstrinker bin ich eine willkommene Abwechslung. Man macht mir verschiedene Vorschläge, die alle darin gipfeln, dass ich erst einmal eine Pint Guinness trinken soll. Ist das die irische Kontaktfreudigkeit?
Trotz dieser gutgemeinten Vorschläge wird zuerst einmal mein Fahrrad ins trockene gebracht und ich gehe dann auf mein Zimmer und wasche meine Sachen. Es gibt eine Heizung im Zimmer, die mir garantiert, das die Teile bis morgen trocken werden. Von mir kunstvoll zurechtgebogene Drahtkleiderbügel helfen, mehr als ein Kleidungsstück in der Nähe der Wärmequelle zu halten.


unsichtbare Hügel


Gegen 16 Uhr wird es dann trocken. Aber die Berge und Hügel sind immer noch eingehüllt in Wolken, das heißt, dass es oben immer noch regnet.


die alte Brücke in Inistioge


Ich erkunde den Ort (Inistioge) und stelle fest, dass er ausgesprochen hübsch ist. Vorhin mit meinem Tunnelblick hatte ich das noch nicht feststellen können. Ein hübscher Fluss mit einer alten Steinbrücke, eine alte Kirche, hübsche Bebauung. Auf meinem Spaziergang gerate ich dann am Sportplatz auch gleich in ein Hurlingtraining. 


anlässlich der Hurlingmeisterschaft ist geflaggt allerorten


Das ganze Dorf ist wie die Dörfer vorher auch wegen des Meisterschaftsspiels mit Flaggen zugepflastert in den Farben schwarz-gelb, den Farben von Kilkenny.
Im Ortszentrum stehen Touristen und fotografieren und haken dann auf einer Liste ab. Dieser Ort war offensichtlich Kulisse eines Films und die Filmtouristen vollziehen die Einstellungen nach.
Etwas weiter, fast schon außerhalb des Ortes, entdecke ich noch ein prämiertes Feinschmeckerrestaurant, das erste auf meiner Tour. Soll ich, soll ich nicht?
Ich traue mich und rufe die angegebene Nummer an und reserviere einen Platz. Ist gar kein Problem! Also bin ich um 19 Uhr dort mit einem Tisch verabredet.


The Motte: ein Feinschmeckerrestaurant in Inistioge


Das Essen wird dann auch – wie meine Mutter sagen würde – sehr erfreulich. Ein Amuse geule (marinierter Lachs), Salat mit Black Pudding und glasierten Apfelspalten, knusprige, entbeinte Ente mit Birnenchutney und noch einigem, dazu ein ausgezeichnet passender Rotwein aus Chile und zum Nachtisch Pavlowa, das ist Meringue mit Erdbeersahne und Erdbeeren.
Ein Tag also, der unerfreulich anfing und dann so schön endet!


Sonntag, 5. September
Inistioge – Callan: 35 km

Heute also das Finale: nur noch 35 km bis Callan. (Callan liegt vor den Toren Kilkennys)


Grüne, kahle Hügel!  Und der Ginster blüht!


Aus diesem Tal heraus noch eine Anhöhe und dann im Flachen am King River ins Ziel.
Das Wetter ist ein bisschen freundlicher und ich freue mich, meinen Sohn zu treffen. Irland wird seinem Ruf, überaus grün zu sein, im Übermaß gerecht. Ist ja auch keine Kunst, wenn es immer wieder regnet. Um 11 Uhr bin ich am Ziel.


Angekommen in Callan 


Ich fahre einmal durch den Ort, entdecke den Supermarkt, und suche das angezeigte Bed and Breakfast. Der Besitzer spricht einen so starken Akzent (er kommt aus Cork), das ich mir alles dreimal erzählen lassen muss.
Nachdem das getan ist, ist es Zeit, den Sohn zu treffen. 




die alte Abtei in Callan

Montag, 6. September
nach Dublin

Heute will ich mit dem Bus nach Dublin, denn Mittwoch geht es nach Haus. Spannend ist die Frage, ob der Bus das Fahrrad mitnimmt. An der Haltestelle habe ich noch 1 Stunde Zeit und es schüttet wie aus Kübeln. Ich flüchte in ein Stehcafe. Als der Bus kommt, ist dieser ziemlich leer und die Fahrradmitnahme kein Problem. Der Fahrpreis ist 14,50 Euro und die Fahrt dauert 3 Stunden. In Dublin angekommen muss ich mich erst einmal orientieren.
Wo bin ich, wohin will ich? Zuerst zum Tourismusbüro und mir ein Hotelzimmer  im Zentrum nachweisen lassen. Dann dieses finden. Und das im Regen! 

Die Hotelrezeption ist nett: ich darf mein Fahrrad in den Staff-Räumen unterbringen.
Danach kaufe ich mir als erstes einen Schirm. Dann erkunde ich die nähere Umgebung.
Hier herrscht ein buntes Treiben. Neben den vielen Touristen sind hier im Collegeviertel auch eine Unmenge Studenten, offenbar auch Musikstudenten. Das macht Spaß. Ich treffe einen Mann mit einem Fahrradvorderrad an der Hand. Den quatsche ich an und frage nach Fahrradläden, weil ich ja morgen nach Verpackungsmaterial für den Fahrradtransport im Flugzeug forschen will. Er zeigt mir auf dem Stadtplan drei Punkte. Ich bin zufrieden.
In meinem Hotelzimmer schlafe ich gut, obwohl die uralten Fenster den Straßenlärm fast ungefiltert hereinlassen.

Dienstag, 7. September
in Dublin



Heute morgen gehe ich auf Fahrradladenjagd. Nach einer halben Stunde werde ich fündig und bekomme ohne Probleme einen intakten Fahrradkarton, den ich nun zurück durch die Stadt schleppe. Dann frage ich mich durch, wo es wohl Blasenfolie gibt. Den englischen Ausdruck dafür kenne ich nicht, aber man versteht mich trotzdem. Auch die und Paketklebeband sind schnell gefunden. Im Hotel erkläre ich mich und frage nach Taxis, die ein Fahrrad mitnehmen können. Gibt es auch und wird gleich für morgen früh um 8 Uhr bestellt. Also habe ich nach 2 ½ Stunden alles geregelt und kann beruhigt per Fahrrad auf Entdeckungstour gehen.
Zuerst in den Hafen und dann in die südlichen Vororte. Im Hafen zeigt sich, dass die Hafencity in Hamburg keine hamburgische Erfindung ist. Hier stehen genau die gleichen seelenlosen Quadratklötze herum wie in Hamburg. 


die neue Hafencity in Dublin


Auf dem Weg in die südlichen Vororte am Strand suche ich ein Café. Leider Fehlanzeige. Hier scheinen die Dubliner nicht ihre Freizeit zu verbringen. Auf dem Rückweg auf anderen Straßen komme ich in die Mittagspause der Businesspeople. Hier gibt es jetzt reichlich Restaurants und Cafés


buntes Treiben im  Studentenviertel


In der Nähe der Einkaufsmeile besuche ich noch den berühmten Park St. Stephen´s  Green, der immer in den irischen Romanen  vorkommt, die ich gelesen habe..
Ein Abstecher in die nördlichen Stadteile rundet meinen Eindruck von Dublin ab.
Wenn man mal wieder hierher kommt, sollte man sich einen Veranstaltungskalender besorgen und das Kulturprogramm genießen.


Mittwoch, 8. September
Rückflug



Das Taxi kommt pünktlich und fährt mich zum Flughafen. Der Taxifahrer ist sehr interessiert am Radfahren und hat seinen Kindern verordnet, immer mit Helm zu fahren. Ich bestätige, dass ich das auch so gehalten haben.
Dublin hat viele Fahrradstreifen, die sich die Radfahrer meist mit den Bussen teilen müssen. Aber immerhin: Dublin ist da weiter als wir in Hamburg.
Am Flughafen angekommen, habe ich reichlich Zeit für die Verpackungsarie. Ich weiß aber, dass ich trotzdem schwitzen werde. Und so kommt es auch. Ich verpacke, lasse das Vorderrad aber dran. Das bedeutet, dass es halb aus dem Karton herausguckt, ebenso Sattel und quergestellter Lenker. Das dauert eine Weile. Dann führe ich das Fahrrad dem Sperrgepäckschalter vor und es ist klar, dass dieses Paket nicht durch die schon extragroße Durchleuchtungsmaschine passt. Aber statt herum zu zicken, rät mir der Angestellte, zum Check-In zurückzugehen und einen extra Transportmenschen anzufordern. Er drückt mir sogar noch eine Sicherheits-Markierungsmarke auf das Paket. Und so wird mein Fahrrad abgeholt und auch heil wieder ausgeliefert in Hamburg. Der Rest ist Warten....  
            



In diesem Tagebuchbericht ist viel von schlechtem Wetter die Rede....
Trotzdem hat diese Reise einen tiefen Eindruck auf mich gemacht. Oft denke ich zurück an die Tage.
Ich würde die Reise so (oder verändert) gern wiederholen.


www.sustrans.org.uk ist die Website, auf der die Weitwanderwege in verschieden Maßstäben zu finden sind. Man drücke den Button „Find“. Dort gibt es Kartenausschnitte.
Die Bahn in Harwich nach London nimmt Fahrräder mit. Fahrkarten am Bahnhof.
Die Fähre Esbjerg- Harwich kann man im Internet buchen. Nur Decksplatz bzw Schlafsessel gibt es nicht; man muss eine Kabine buchen. Der Preis ist  je nach Termin unterschiedlich. (mein Termin: ca 400 € . Preis für zwei Personen )
Die Fähre in Pembroke nach Rosslare fährt einmal in der Nacht und einmal am Tag (um 14.45 Uhr). Vorausbuchung ist nicht erforderlich. Die Fahrzeit  beträgt 4 Stunden.
Air Lingus hat günstige Flüge und günstige Flugzeiten ( 2011:  jeden Tag ein Abflug) von Dublin nach Hamburg. 
Ein Fahrrad ist im Internet nicht zu buchen. Es wird beim Check-In bezahlt (40 Euro). Das Buchen geht so: erst bei der Hotline anrufen, ob an dem betreffenden Termin Kapazität für ein Fahrrad ist. Dann online den Flug buchen (ist billiger!). Dann wieder bei der Hotline anrufen und das Fahrrad reservieren lassen. Eine Bestätigung gab es darüber nicht. Allerdings kam eine Woche vor dem Abflug einen Erinnerung an die Buchung per  E-Mail, auf der das Fahrrad vermerkt war.
Auf dieser Tour wurden die englischen Weitradwanderwege Nr 1,  Nr  61 / 6, Nr 4 genutzt. (Bei Direktstart in Harwich kann man den Weg  Nr 51 nutzen, der in Colchester auf den Nr 1 trifft.)
Bed and Breakfast haben sehr viele Pubs und in touristischen Gebieten auch Privatanbieter. Manchmal muss man suchen. Der Preis für eine Einzelperson ist 2010 zwischen 30 und 45 engl Pfund. (2010: 1 Pfund = ca 1,20 € )
In Irland gibt es viele Busverbindungen. Wenn der Bus nicht überfüllt ist, nimmt er Fahrräder mit. In Dublin gibt es Shuttlebusse  zum Flughafen(Aircoach), die auch Fahrräder mitnehmen. Diese fahren tagsüber alle 15 Minuten.


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