Montag, 2. April 2012

An Saale und Elbe

 
Reisetagebuch / Juni 2011 / Video dazu auf der Videoseite 
An Saale und Elbe

An einem Montagmorgen mache ich mich auf, Johannes in Saalfeld zu treffen. Er hatte mir die Wahl gelassen, welchen Abschnitt seiner großen Radtour ich begleiten wollte. Ich habe ein kleines Zeitfenster von 6 Tagen, er dagegen hat als Rentner alle Zeit der Welt.
Zur Auswahl stand: Tauberradweg, Mainradweg und Saaleradweg. Für mich war die Sache schnell klar: an die Saale mit dem nördlichsten Weinbaugebiet Europas Saale-Unstrut wollte ich schon immer mal. Und Johannes richtete es so ein, dass es in mein Zeitfenster passte.
Also stehe ich morgens früh an einem Junimontag auf dem Hamburger Hauptbahnhof und besteige meinen Zug nach Göttingen, wo ich dann umsteigen muss.
Kaum im Zug führt mich mein Weg in den Speisewagen: Frühstücken!
Nicht, dass das so ein herausragendes kulinarisches Erlebnis wäre – das ewig Gleiche in mittlerer Qualität - , aber dieses Dahingleiten durch die Landschaft bei einem gemächlichen Frühstück, abwechselnd Blicke in die Landschaft und in die Zeitung werfend: das wird mir nicht über, sondern begeistert mich immer wieder.
In Göttingen wird also umgestiegen, hinter Jena auch noch einmal: es ist immer wieder stressig herauszubekommen, wo man sich auf dem Bahnsteig mit seinem bepackten Fahrrad aufstellen muss, um den Zug bequem besteigen zu können.
Und dann wird es schon mittelgebirgig: links und rechts wachsen Berge heran und engen das Tal ein. Spannend! Ich muss zugeben, dass ich noch nie im gebirgigen Teil des deutschen Ostens Fahrrad gefahren bin.  Also auch ein Premiere.
Um 13.47 Uhr komme ich in Saalfeld an. Johannes steht schon – von Bayreuth kommend - vor dem Bahnhof und wartet auf mich. Das hat schon mal geklappt!





1.Tag: Saalfeld – Jena   (56 km)

Und dann geht’s los.  Der Bikeline Radführer Saaleradweg leitet uns. Ab Saalfeld bleibt der Weg flach: es verspricht wieder, eine Genusstour zu werden. Unser Ziel heute:  56km nach Jena. Da wir erst mittags los sind, müssen wir zügig fahren. Aber das Hotel für den ersten Abend haben wir uns schon telefonisch gesichert...



Um die Schönheit des Saaletals zu preisen, gibt es Berufenere. Links und rechts erhebt sich die Landschaft und wir und der Fluss sind zwischen den Talkanten in schönstem Grün.  Auf den Talkanten sieht man hier und da herrschaftliche Gebäude und Burgen. Die Geologie des Saaletals ist etwas ganz besonderes. Dies ist in unserem Bikeline-Radführer gut beschrieben. 



Außerhalb der Orte hört man nur das Gezwitscher der Vögel. Der Weg ist weitgehend in gutem Zustand.





Abends in Jena schaffe ich es noch, meine Pedalen austauschen zu lassen, da der Stahl der rechten merkwürdigerweise durchgerissen ist. Das klappt gut; aber der Fahrradhändler muss mir noch was vom Pferd erzählen: er muss mein Fahrrad schlecht machen und diejenigen, die er verkauft, in den Himmel heben: es ist also so wie es meistens ist mit den Fahrradhändlern....
In Jena laben wir uns abends in der Altstadt in einem urigen Restaurant unter freiem Himmel: Wir bestellen schon mal einen Saalewein dazu. Unser Steak wird mit einer Garnitur aus Salat mit Sprossen serviert; und das, wo in ganz Deutschland gerade Sprossenalarm ist!!



2. Tag: Jena – Naumburg    (51 km)

Der nächste Tag führt uns nach Naumburg, wieder an vielen Burgen vorbei.   



Dort beginnt auch das Weinbaugebiet. Herrliche Aussichten haben wir: hinter den bereits grünen Rapsfeldern leuchten rote Streifen von Klatschmohn. Man hat fast den Eindruck, dass die angelegt sind. Und weiter dahinter der erste Weinberg mit seinen pittoresken Häuschen. 

Wir können uns gar nicht satt sehen und machen doppelt und dreifach Fotos.




Für Naumburg haben wir uns schon tags zuvor ein Zimmer in einem etwas besseren Hotel mit hoffentlich anspruchsvoller Gastronomie gesichert. Dort kommen wir am frühen Nachmittag an und könnten unser Gepäck abpacken: dann machen wir noch einen Ausflug in Unstruttal nach Freyburg.
Wir durchfahren das Grün einer Saaleschleife und treffen auf die Fähre Blütengrund an der Mündung der Unstrut in die Saale. Sie bringt uns ans andere Ufer. 



Auf Schleichwegen geht es nun nach Freyburg. Immer wieder schön: die Weinberge. Freyburg selbst ist angehübscht, wirkt aber so unbelebt wie ein Sanatorium. Wir fahren den gleichen Weg zurück und finden, dass es jetzt langsam an der Zeit ist, das Abendessen zu bestellen.
Dass wir beide Schlemmer sind, ist  - so glaube ich – schon einigermaßen deutlich geworden bei der Beschreibung der Reise „Deutschland für Flachlandradler“.
Und tatsächlich erfüllt das Essen unsere Erwartungen. Aber noch besser ist unsere Weinentdeckung: ein Riesling von der Unstrut vom Weingut Pavis.
( Jetzt noch – während ich dies schreibe – hängt mir der Geschmack nach! Zurück in Hamburg habe ich mir erst einmal einen 12er Karton davon bestellt: ein schöner, leichter und doch charaktervoller Sommerwein – gut für den Balkon!)



3. Tag: Naumburg – Halle  (60 km)

Da Johannes an Main und Tauber ein paar Mal Pech gehabt hatte mit der Quartierfindung, bestellen wir unser nächstes Quartier immer am Abend vorher - immer den Radführer konsultierend.
Die Strecke ist immer noch schön und das Wetter warm und sonnig. Nach Weißenfels weitet sich das Tal.
Dann aber - Richtung Halle - drohen in der Ferne Unwetter. Wir haben das Gefühl, dass wir uns sputen müssen, um einen Unterstand zu finden; aber irgendwie schleichen die Unwetter um uns herum: wir sind Glückskinder. Zuhause in Hamburg stehen Unterführungen unter Wasser: so viel Regen kommt da herunter.



Der Weg führt uns durch Merseburg und verschont uns weitgehend mit den Industriegebieten von Leuna. Natürlich muss man sich dann noch durch die Vorstädte (Halle Südstadt) kämpfen.
Eigentlich hatte ich mir von Halle nicht viel versprochen und bin deswegen umso angenehmer überrascht: ein zauberhafter, geschlossener Altstadtkern mit vielen heruntergekommenen, aber ebenso vielen sehr hübsch hergerichteten Häusern; mit Straßenbahnen, die durch das Zentrum rattern, unangestrengten Fußgängerzonen und urigen Lokalen in den gewundenen Nebenstraßen: eine schöne Stadtsilhouette.





Unser Hotel weist uns im Nebengebäude ein eigenes Appartement zu: herrlich, so unabhängig zu sein! So macht Urlaub Spaß!





4. Tag: Halle -  Bernburg   (61 km)

Wir hatten die letzten Tage sehr viel schöne Landschaft gehabt. Meine Erwartungen waren erfüllt worden und ich dachte, jetzt käme langweilige Agrarlandschaft: weit gefehlt! Es geht idyllisch weiter!
Schon die Stadtausfahrt aus Halle nach Norden, entlang der Saale, geht durch eine Art Stadtpark: wunderschön! Kleine Felsdurchbrüche säumen den Weg. 



Bei Brachwitz kommt die erste kleine Autofähre über die Saale – immer wieder eine pittoreske Szene. 





Wir befahren jetzt den Naturpark Unteres Saaletal. Dieses Gebiet hat nicht ganz so hohe Steilkanten,  aber die Saale musste sich im Laufe der Jahrtausende noch durch beträchtliche Anhöhen „hindurchfressen“.  Und es gibt auch weiterhin Burgen, die die Talkante säumen.



Und dazwischen einsame, idyllische Wege, teilweise sehr schön für die Radfahrer hergerichtet. Das macht Spaß und lässt sich gut fahren. In der Gaststätte Georgsburg bei Könnern machen wir unsere Mittagspause.
Bernburg ist eine zweigeteilte Stadt mit einem flachen Teil (Talstadt) und einem östlichen, ansteigenden Teil, wo auch das Schloss liegt.  Und dazwischen liegt die Saale. Es gibt eine schöne Fußgängerbrücke in der Mitte, die die Teile verbindet. Hier kann man nett bei einem Eisbecher sitzen und auf den Fluss schauen.







5. Tag:
Bernburg – Barby (30 km) – Alt Prester bei Magdeburg (35 km)

Heute nähern wir uns der Mündung der Saale in die Elbe. Hier wird es jetzt einsam. Eine letzte Gierfähre führt uns auf die Straße nach Barby, wo wir uns eine Erfrischung gönnen.



Und dann kommt schon gleich die nächste Fähre, diesmal über die Elbe.
Jetzt folgen wir dem Elberadweg.
Die Elbe: ein fantastischer Fluss mit sehr weiten, grünen Auen. 

Manchmal geht der Radweg in diesem Abschnitt auf der Deichkrone - teilweise etwas ruppig - oder wir fahren fernab der Straße einsame Wirtschaftswege in den Auen. 

Ein Geestrücken muss auf der Straße durchfahren werden. Ein Schloss – von weitem prächtig aussehend – erweist sich aus der Nähe als eine einsturzgefährdete Ruine.


Und so laufen wir in Alt Prester ein: ein Vorort von Magdeburg. Unser Hotel liegt direkt am Radweg: wir fahren von der Deichkrone direkt in den Garten und bekommen ein schönes Zimmer mit Blick in die weiten Auen.



 Hier stehen uralte, mächtige Eichen und Weiden, die stark genug sind, Hochwasser zu überstehen. Kein Motorverkehr stört die Idylle. Wir gehen ein wenig spazieren und entdecken eine von Schinkel  gebaute kleine Kirche. Sie ist entwidmet und dient jetzt als Restaurant: eine skurrile Location, die wir ausprobieren müssen. Wir sitzen bei schönstem Wetter im Gastgarten, genießen das abendliche Zwitschern der Vögel und lassen uns es gut gehen. Beim Zubereiten der Speisen müssen sich die Betreiber der Restaurantkirche allerdings noch ein bisschen mehr anstrengen: den Teller übervoll zu füllen und noch allerlei bunte Früchte dazu zu legen reicht leider nicht....





6. Tag: Alt Prester – Tangermünde (ca 65 km)

Am nächsten Morgen starten wir Richtung Magdeburg. Der Weg führt angenehm immer an der Elbe entlang durch die Stadt. Kurz zucken wir, ob wir in die Innenstadt fahren sollen und eine Besichtigungstour starten sollen, entscheiden uns dann aber dagegen.
Der Elberadweg führt erst auf Wirtschaftswegen durch Felder, überquert den Mittellandkanal und läuft später auf Landstraßen, bevor er wieder in das Deichland abbiegt.
Heute haben wir Gegenwind, was sehr ermüdend ist.
Gegen Mittag sind wir in Tangermünde, einem sehr hübschen, historischen Städtchen.
Wir beschließen, von hier mit der Bahn nach Hause zu fahren.
Es reizt mich, von Tangermünde einfach dem Elberadweg weiter zu folgen (sehr schöne Strecke!!) und somit per Muskelkraft in Hamburg einzulaufen. Leider habe ich keine Zeit dafür. Die Arbeit ruft!

Eine Zubringerbahn bringt uns nach Stendal, wo unser Zug (mit Umsteigen in Uelzen) nach Hamburg bald einläuft.
            








Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen